Anforderungen an die Lüftung und die Luftreinigung zur Reduktion des SARS-CoV-2 Infektionsrisikos über den Luftweg

Der deutsche Fachverband Gebäude-Klima (FGK) hat einen neuen Status-Report Nr. 52 veröffentlicht. Darin werden Anforderungen an die Lüftung und die Luftreinigung zur Reduktion des SARS-CoV-2 Infektionsrisikos über den Luftweg festgelegt.

https://downloads.fgk.de/downloader.php?FILENAME=372_SR52_RLT_und_Covid19_V1_210122.pdf

Damit das Infektionsrisiko reduziert werden kann, wird für die Festlegung der erforderlichen Aussenluftvolumenströme neu ein Aktivitätsfaktor eingeführt. Dieser erhöht den erforderlichen personenbezogenen Aussenluftvolumenstrom in Abhängigkeit der Aktivität und der Nutzung. Ausgangsbasis für die Festlegung des erforderlichen Aussenluftvolumenstrom ist die höchste Kategorie für die Raumluftqualität (Kategorie I).

Den deutschen Ansatz, wonach die Personenbelegung in mechanisch belüfteten Räumen soweit reduziert wird, bis ein nach Aktivität festgelegter erhöhter personenbezogener Aussenluftvolumenstrom zur Verfügung steht, erachtet FREI WÜEST EXPERT als prüfenswert für die Schweiz.

Im Status-Report wird Bezug auf die europäische Norm EN 16798-1:2019 genommen, welche in der Schweiz als SN EN 16798-1:2019 übernommen wurde. Der nationale Schweizer Anhang zur SN EN 16798-1:2019 wird derzeit erarbeitet. Der schweizerische Ingenieur- und Architektenverein (SIA) hat FREI WÜEST EXPERT mit der Ausarbeitung des nationalen Anhangs beauftragt.

Reduktion der Aerosol-Übertragung von SARS-CoV-2 in (Spital-)Liftkabinen

Das renommierte Indoor Air Journal hat ein Editorial von niederländischen Forschern zur Publikation akzeptiert (DOI: 10.1111/ina.12744). Darin berichten Cees van Rijn et al. von der Amsterdam University über die Reduktion der Aerosol-Übertragung von SARS-CoV-2 in Spital-Liftkabinen. Experimentell untersucht wurden zwei Liftkabinen-Grössen. Verwendet wurden Glycerol/Ethanol Aerosole mit einem Durchmesser von 5 µm. Die drei Betriebsmodi geöffnete Türen, im Betrieb und geschlossene Türen zeigten, wie lange Aerosole in Liftkabinen verbleiben. Die Luftwechselrate betrug ACH=10. Die Autoren weisen darauf hin, dass die Belüftung von Spital-Liftkabinen in den Niederlanden eine Nachlaufzeit von 1-2 Minuten hat. Die Kabinenluft wird üblicherweise nach oben in den Liftschacht ausgeblasen.

Quelle: Indoor Air Journal (2020) Accepted Editorial

Die Autoren ziehen aus den Ergebnissen folgende Schlüsse:

Aerosole verbleiben in Liftkabinen über lange Zeit (selbst bei 10-fachem Luftwechsel pro Stunde).

Die Reduktion der Aerosol-Last um den Faktor 100 erfolgt bei ACH=10 innerhalb von

24-30 Minuten bei geschlossenen Türen
12-18 Minuten in Betrieb.
3-5 Minuten bei offenen Türen

Spital-Liftkabinen werden gemäss Normen mit ACH= 6 bis 20 belüftet.

Liftkabinen-Türen sollen im Ruhezustand geöffnet bleiben.

Die Belüftung von Liftkabinen soll vom Liftschacht her erfolgen, möglichst mit einem HEPA-Filter.

Verwendung von Medizinischen Nasen-Mund-Masken (N95/N99) wird dringend empfohlen.

Kommentar von FREI WÜEST EXPERT
Die Ergebnisse der niederländischen Studie verdeutlichen die Bedeutung der Belüftung von Liftkabinen und Liftschächten. Diese wird durch SARS-CoV-2 noch verstärkt. Die niederländischen Untersuchungen erfolgten bei ACH=10. Bei kleineren Luftwechselraten erhöht sich die Verweilzeit markant. Die Belüftung von Liftschächten ist in der Schweiz in keiner SIA-Publikation geregelt. Die Erarbeitung eines SIA-Merkblatts 20xy Lüftung von Aufzugsanlagen scheiterte bisher – trotz freigegebenem Projektvorschlag – an der fehlenden (BFE-)Finanzierung.